Thorsten Watzl ist seit 2012 Ausbildungseiter bei der Sparkasse KölnBonn. Dass die Ausbildungsverordnung von 1997 nun endlich angepackt wird, findet er eine ausgesprochen gute Idee:
"Denn der Beruf muss sich ja den Wünschen und Bedürfnissen unserer Kunden anpassen. Und das sind nicht mehr die gleichen, wie vor zehn oder vor 20 Jahren. Da muss man nur mal gucken: Das Thema Smartphones, das Thema Online-Banking, da hat sich eine Menge getan. Ein Blick auf unsere Homepage zeigt zum Beispiel, was der Kunde inzwischen alles selber schon zuhause machen kann. Der kann sich kleine Dispositionskredit schon selber einräumen. Der kann Termine vereinbaren, Online-Banking freischalten und so weiter. Da hat sich eine Menge getan. Und das Berufsbild muss dem Ganzen natürlich folgen. Deswegen war es folgerichtig, dass das Thema Digitalisierung in die neue Verordnung reinkommt."
Manche Themen, die jetzt neu in der Verordnung stehen, werden in der Praxis schon länger umgesetzt, sagt Thorsten Watzl. Beispielsweise die ganzheitliche Beratung, bei der die Finanzsituation der Kunden in möglichst vielen Bereichen besprochen werden soll.
"Manchmal folgt die Verordnung auch dem, was ich schon seit einigen Jahren gibt."
Langer Prozess der Umgestaltung
Bis zur neuen Verordnung war es ein langer Weg, ein ganzes Team hat daran gearbeitet. Eine von ihnen ist Gabriele Jordanski vom Bundesinstitut für Berufsbildung.
"Da gibt es verschiedene Beteiligte, die die Entwicklungen der Branche beobachten, indem man recherchiert, indem man Zahlen analysiert. Wie entwickeln sich die Ausbildungszeiten? Was passiert überhaupt in den Branchen? Wie sind die Anforderungen und so weiter? Und dann ist es so, dass die Beteiligten auch im Gespräch sind. Das heißt, über die Jahre gab es immer auch Gespräche, wo die Sozialpartner gemeinsam beraten haben: Ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt, neu zu ordnen oder sollte man noch etwas warten und die Entwicklung beobachten, damit dann die neu geordnete Ausbildung aber auch wirklich gut greift und die Veränderungen gut abbilden kann. Und das ist passiert."
Zum neuen Ausbildungsjahr jetzt im August und September sollen die Neuerungen in die Tat umgesetzt werden. Für die Ausbildungsleiter eine Herausforderung.
Wegen Corona-Pandemie - Azubis und Betriebe in Wartemodus
Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf die Berufsausbildungen aus. Die Zwischenprüfungen im März mussten schon abgesagt werden. Ob die Abschlussprüfungen überhaupt stattfinden, ist unklar. Für viele Auszubildende bringt das Probleme bei der anschließenden Jobsuche.
"Im Vorhinein gab es eine schöne Veranstaltung. Die war von allen drei Bankenverbände, also von den Privatbanken, den Sparkassen und den Genossenschaftsbanken. Und da haben wir die ersten Informationen zur neuen Verordnung bekommen. Bei so grundsätzliche Dingen sind aber ehrlicherweise auch noch einige Fragen offen. Es ändert sich ja doch eine ganze Menge. Auch gerade was die Formalien angeht. So gibt es bald keine Zwischenprüfung mehr, sondern es gibt die sogenannte gestreckte Abschlussprüfung. Auch da müssen wir jetzt noch einmal neu lernen. Es gibt eine ganz neue Punkteverteilung, eine neue Aufteilung zwischen programmierten Aufgaben und offenen Aufgaben. Da ändert sich schon einiges."
Die aktuelle Coronasituation erschwert diesen Prozess zusätzlich, schließlich mussten erst mal andere Probleme gelöst werden.
"Da ist die Verordnung ehrlicherweise schon ein bisschen nach hinten gerutscht. Jetzt muss ich aber wieder nach vorne kommen von der Priorisierung. Denn der 01.08bzw. der 01.09, beide Daten rücken ja doch näher."
Ausbildungsberuf ist weiterhin sehr beliebt
Der Beruf des Bankkaufmannes und der Bankkauffrau ist auch heute noch einer der beliebtesten Ausbildungsberufe. Und das obwohl es mittlerweile sogar Banken gibt, die auf Filialen komplett verzichten und ihren Dienst nur noch online anbieten. Was fasziniert junge Menschen heute eigentlich noch daran, diesen Beruf zu erlernen?
Wenn die 20-jährige Lena Worms und der 31-jährige Daniel Könen von ihrem Ausbildungsberuf sprechen, dann strahlen ihre Augen. Beide haben sich bewusst für eine Ausbildung in der Bank entschieden
"Grundsätzlich interessieren mich persönlich am meisten Kredite. Mich fasziniert daran, dass ich Leuten Wünsche erfüllen kann. Das fängt ja bei der Baufinanzierung an und geht bis zum Auto. Mich macht das einfach glücklich, wenn ich andere Leute damit glücklich machen kann."
- "Ich schau dann lieber in den Bereich der Wertpapiere, weil ich glaube, dass die Wertpapiere sehr, sehr, sehr umfangreich sind und flexibel sind. Wenn man sich die Börse heute anguckt, ist sie nicht mehr zu vergleichen, wie mit vor vier, fünf Monaten. Und es ist einfach dieser ständige Wechsel. Jeden Tag aufs Neue gibt es etwas Neues. Und es gibt so ein riesen Produktvielfalt."
Beide sind in ihrem zweiten Lehrjahr bei der Sparkasse KölnBonn. Dass der Beruf der Bankkauffrau altbacken und nicht wirklich modern sei, dieses Vorurteil hört Lena Worms immer wieder
"Das würde ich auf jeden Fall auch widerlegen. Und ich würde immer unterschreiben, dass es super interessant ist, dass es sich auf jeden Fall auch lohnt, das zu machen. Auf jeden Fall. Geld brauchen die Menschen immer, und das wird es immer geben. Und deswegen wird es auch uns immer geben."
Arbeitsalltag wird immer digitaler
Auch wenn der Arbeitsalltag immer digitaler wird. Um sich darauf vorzubereiten, werden alle Azubis bereits am ersten Tag mit einem Tablet ausgestattet. Genau wie ihre Kolleginnen und Kollegen müssen auch sie einen sogenannten digitalen Führerschein machen.
"Damit wir im Auftritt dem Kunden gegenüber sicherer werden und dem Kunden das auch fachgerecht und sachgerecht vermitteln können. Das ist tatsächlich eine interaktive Plattform mit Videos, Übungsaufgaben, wo jeder einzelne Themenbereich, den wir in der Bank finden, sei es das Einrichten des Online-Bankings, sei es irgendeine Abwicklung beim Online-Banking, wo wirklich jeder Prozess eins zu eins, Schritt für Schritt erklärt wird."
Dass Lena Worms und Daniel Könen als angehende Bankkaufleute manchmal auch bei technischen Problemen helfen müssen, beispielsweise beim Push-TAN-Verfahren oder anderen Anwendungen beim Online-Banking, stört sie nicht. Das gehöre zum Service dazu. Dass sich manche Stammkunden von den noch recht neuen Onlineprodukten erst mal überzeugen lassen müssen, auch:
"Wenn ein Kunde zum Beispiel sagt, ich bekomme meine Kontoauszüge nicht mehr, da können wir natürlich, wenn der Kunde Online-Banking hat, können wir das umstellen. Gerade Thema Sicherheit im Bereich des Push-TANs. Beim Online-Banking ist es natürlich auch relativ simpel, den Kunden dann zu erklären, hier schau‘ mal, es ist einfach eine sehr sichere Variante, die du nutzen kannst. Dementsprechend klar, Diskussionen haben wir, beziehungsweise ein Austausch. Ich habe persönlich sehr, sehr wenig Kunden erlebt, die wirklich sauer oder aufbrausend deswegen waren."
Die angehende Bankkauffrau Lena Worms ist überzeugt, dass sich ihr Beruf modernisieren muss:
"Ich glaube, alleine anhand der ganzen technischen Geräte, die wir jetzt neuerdings haben, ist das nötig. Jeder beschäftigt sich mit der Technik. Und ich finde, dann sollte man auch Dinge, die man mit Technik erledigen kann, dem Ganzen anpassen und sollte dann schon schauen, dass das alles zeitgemäß wird."
Manche Dinge erledigen die Kunden dann aber doch noch ganz analog und so wie früher - auch darauf sind die Azubis der Sparkasse KölnBonn vorbereitet."Konto eröffnen? Da habe ich auch manchmal sechs, sieben Stück am Tag Sparbücher, jetzt nicht so viele. Aber auch das kommt durchaus vor. Wir machen auch noch neue rote Sparbücher, die gibt es noch."
Author: Sierra Fritz
Last Updated: 1703997362
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